Bericht: Erinnerungen an Buchenwald
Unsere Gedenkstättenfahrt war sehr intensiv, lehrreich und absolut empfehlenswert! Lies weiter, wenn du mehr von unserer Reise erfahren möchtest.
Der Beginn unserer Reise fand am 03.02 um 8.30 Uhr im Landesverband Nordrhein statt, wo wir uns locker begrüßten und Lunchpakete einpacken durften. Voller Vorfreude sind wir dann aber auch schnell zur nächstbesten Tankstelle gefahren. Die fast 400km Fahrt haben wir ganz fix zurückgelegt, mit schöner Musik und lauter Gequatsche. So ging die Zeit gut rum und wir haben uns alle gefreut ein paar JRKler*Innen wiederzusehen.
Die Ankunft erfolgte gegen 14 Uhr, wo wir ohne viel reden, schnell unsere Sachen ins Zimmer bringen konnten, um dann ganz nett mit Kaffee und Kuchen empfangen zu werden. Unseren ersten Abend verbrachten wir gemeinsam in unserem Konferenzraum ,,Nikosia“. Neben der schwer begeisternden digitalen Tafel, die sehr unterstützend beim Erklären der Regeln und dem Veranschaulichen unserer Programmpunkte war, genossen wir die gemeinsame Zeit mit ein paar Runden Speeddating & Werwolf.
Die bergige Landschaft und altmodischen Prunkbauten dieser windigen Stadt haben allen Teilnehmern sehr gefallen. Die Jugendeinrichtung war ebenso nur einen Katzensprung von den schönen Plätzen der beiden literarischen Klassiker Goethe und Schiller, dem Platz der Demokratie und dem Platz des Rathauses entfernt, wo auch das Haus der Weimarer Republik stand. Nach einem wunderschönen Sonnenuntergang und leckerem Abendessen sind wir also zufrieden ins Bett gegangen, voller Aufregung auf den nächsten Tag.
Der historische Hintergrund, welcher uns alle schließlich zu dieser Reise führte, löste in unserer Gruppe viele verschiedene Emotionen aus, doch in den lockeren Gesprächen war es uns möglich konstruktiv zu diskutieren und gleichzeitig ehrlich über unsere Gefühle zu reden, sodass jeder einzelne sich mental fit machen konnte für das, was anstehen sollte.
Während wir die erste Nacht gut überstanden haben und alle munter beim Frühstück zusammenkamen, kippte die Stimmung, sobald wir über die Blutstraße auf das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers in Buchenwald gelangten. Der Parkplatz befand sich direkt vor den Kasernen der damaligen SS-Soldaten, diese Gebäude werden nun für die Information und Cafeteria genutzt. Zwei weitere sind zur Miete freigegeben und werden herkömmlich bewohnt. Sobald Lisa, unser Tourguide, eintraf zogen wir weiter in Richtung Eingangstor. Bevor wir das Gelände final betreten haben, durften wir uns im Seminarraum des ehemaligen Kommandariats zusammenfinden, wo Getränke, Snacks und ebenfalls Materialien zum Erarbeiten unserer Diskussionsthemen bereitgestellt wurden. So wurde uns die Chance gegeben, uns auf einer durch den Raum gelegten Ja-Nein Skala zu positionieren zu den Fragen, ob wir uns allgemein für Geschichte interessieren und inwiefern wir bereits in Kontakt mit diesem Thema standen. In der Runde wurden viele verschiedene Perspektiven und Erzählungen geteilt, was zeigte wie verschieden die Teilnehmer waren als sie dort aufeinandergetroffen sind.
Was uns nach der Reise verbindet ist der tiefsitzende Schock über die Brutalität, die so viele Häftlinge erfahren mussten, über die immer weniger gesprochen wird. Die Erzählungen waren so grausam, dass wir gemeinsam zu dem Fazit kamen, es wäre unmöglich nachzuempfinden, wie sich die Menschen damals gefühlt haben, denn das verursachte Leid ist unvorstellbar für uns alle gewesen. So durfte jede*r sich ein im Raum ausgelegtes Bild aussuchen, wobei jedes einzelne davon in Buchenwald entstand und somit seine Geschichte erzählt. Nachdem jede*r über sein Bild gesprochen hatte, sind wir auf den Parkplatz zurückgekehrt, wo uns über die Märsche der damaligen SS-Männer und die Zustände innerhalb der Hitlerjugend erzählt wurde. Im Anschluss sind wir essen gegangen. Von der Cafeteria aus nahmen wir einen kleinen Umweg über den alten Bahnhof des Arbeitslagers. Anders als womöglich erwartet sah er bereits damals eher minimalistisch aus und besaß kein einziges Gebäude. Den ehemaligen Streckenverlauf dekoriert die Gedenkstiftung heutzutage mit gravierten Tafeln, welche auf einem 3km langen Wanderweg ausgestellt sind. Zusätzlich wurde uns am Bahngleis offengelegt, wie bedeutsam das kleine Bahngleis für das Arbeitslager war als Unmengen von Häftlingen in die verschiedensten Orte im Umkreis geschickt wurden, je nachdem, wo ihre Kräfte gebraucht wurden.
Bevor wir durch das Tor des Lagers passierten, befassten wir uns ganz genau mit der Modellkarte der Ausstellung. Der Überblick geht schnell verloren auf der Fläche voller Schutt. Nur noch wenige Gebäude blieben erhalten, darunter das Krematorium und die alte Desinfektion. Als erstes schauten wir uns aber im Eingangstor selbst um, denn innerhalb des linken Flügels befanden sich einige Gefängniszellen. Der Einblick verschaffte einen präzisen Überblick über die unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Menschen gelitten haben.
Beim Betreten des Geländes standen wir eine kleine Weile hinter den Türen, welche den Schriftzug ,,Jedem Das Seine" trug. Alle ließen die extremen Eindrücke auf sich wirken und so führte Lisa uns langsam in Richtung Pathologie//Krematorium. Entlang des Waschraums gelangten wir in einen kleinen Raum mit einer Liege. Eine Ecke weiter befand sich ein dunkler Raum der vollen Gedenktafeln von verschiedenen Ländern war. Doch hinter der nächsten Tür verbarg sich das Schockierende unserer ganzen Reise. In den folgenden Räumen befand sich nicht nur der Raum, mit den gigantischen Öfen, welche eine spezielle Konstruktion der damaligen Firma Topf &Söhne waren und als Vorbild für das Vernichtungslager Ausschwitz galt, sondern auch die Abbildung einer nach der Befreiung geschossenen Fotografie eines Meterhohen "Stapel aus Leichen". Während die Gruppe im Raum stand, war es totenstill und alle standen regungslos vor der Abbildung. In diesem Raum machte sich die Fassungslosigkeit breit und so verließen wir den Raum schnell wieder. Über diesen Moment haben viele in der Reflektionsrunde berichtet, das Erlebnis war für alle sehr prägend. Nach der Besichtigung des Pferdestalls, den man in Gedenken an die Mordtaten, die den sowjetischen Soldaten angetan wurden, neu errichtete, waren alle bereits sehr müde und überanstrengt von ihren Emotionen. So suchten wir den Parkplatz auf und versuchten uns für den letzten gemeinsamem Abend abzulenken.
Den nächsten Tag verbrachten wir ebenso wieder im Lager. Dort war es uns frei zu entscheiden, ob wir im Seminarraum selbst recherchieren und das Thema behandeln wollen oder uns das Gelände mit unserem Guide oder einer für den Rundgang erschaffenen App erneut ansehen möchten. Lisa zeigte uns den Nachbau einer damaligen Baracke, welche zum Krankentrakt zählte. Weiter unten am Berge befand sich das Gedenken an den lange vergessenen Sonderbau des Arbeitslagers, der zum Belohnungssystem für die Häftlinge zählte und 19 Frauen zwangsprostituierte. In der Vergangenheit wurde dieses Thema nur wenig behandelt, was viele von uns stark enttäuschte. Zum Abschluss haben wir anhand der N Ü M (Nachdenklich, Überrascht, Merk-Würdig) einen erneuten Austausch über unsere Eindrücke geführt. Dabei verging die Zeit wie im Fluge und unser Gesprächsstoff war bei weitem nicht aufgebraucht, was uns zu der Entscheidung führte, ein (digitales) Nachtreffen zu organisieren. Vor der Rückfahrt wurden wir alle zu leckerem Essen am Goethe und Schiller Denkmal eingeladen und so endete die schöne, aber lehrreiche Zeit.
Bericht: Ashley Rose (JRK Mitglied aus dem KV Düsseldorf)